Samstag, 22. Mai 2010

"Peinlich, dass jeder studieren darf" - Ein peinliches Interview

Folgendes Zitat aus einem Interview, das gestern in der Presse erschienen ist, motiviert mich schon fast dazu eine neue Blog-Rubrik zu erstellen: "Die dümmsten Aussagen im Bildungsstreit".

zum Zitat:

"Da die Unis die höchsten Bildungseinrichtungen des Landes sind, sollte eigentlich an FH und PH der Zugang freigegeben und jener an den Unis beschränkt werden."

Man könnte meinen, so etwas kann nur jemand sagen, der absulut keinen Plan vom Hochschulwesen hat. Sagt aber der Grazer TU-Rektor Hans Sünkel im Presse-Interview. Traurig.

Er ist zwar Rektor einer Uni, dennoch sollte man meinen, dass er in dieser Position zumindest ein bisschen Ahnung davon hat, wie eine FH konzipiert ist. Da ist der Großteil der Lehrveranstaltungen nämlich praktisch und berufsbildend orientiert. Unbeschränkter Zugang wäre das erklärte Ende der FHs.

Außerdem kann man aus dem Zitat klar herauslesen, dass FHs nach wie vor weniger wert sind als Unis. Aber diese verstaubte und verzerrte Sichtweise ignoriere ich an dieser Stelle einfach mal.

Danke für das Interview, Herr Rektor. Peinlich ist in diesem Bildungsstreit so einiges. Sie sind es unbestritten!


Presse-Interview mit dem Grazer TU-Rektor

Mittwoch, 13. Januar 2010

Ein Jahresrückblick: Nur mehr "Nettes Kino"?

Der Filmtheoretiker James Monaco prophezeit nach 100 Jahren blühender Filmkultur mit dem Ende des 20. Jahrhunderts auch das Ende des Films. Ist es also vorbei? Sollte man alle Lichtspielhäuser dieser Welt abreißen und der guten alten Zeit nachtrauern? Nach diesem dramatischen Intro ist es Zeit für eine cineastischen Rückblick auf das Jahr 2009.

Wenn man aus dem Kino geht und nur sagen kann: "Ja, war eh ganz nett", dann spricht das nicht unbedingt für den gesehenen Film. Das denke ich mir aber in letzter Zeit nicht selten (kann nun daran liegen, dass ich immer kritischer werde, oder daran, dass Monacos apokalyptische Theorie aufgeht), leider auch bei den letzten beiden Leinwandspektakeln. Dabei haben die nicht wenig versprochen! Vielleicht waren sie gerade deshalb auch nur nett.

Der Erste - von dem nicht ganz unpopulären Regisseur James Cameron. Avatar, eines DER angekündigten Kinoevents des letzten Jahres. Natürlich in 3D, wie so vieles 2009, nebenbei der teuerste Film aller Zeiten und nominiert für den Oscar "Bester Film". Als der Abspann heruntergerollt ist, habe ich wie immer die Zeit genutzt, um meine Gedanken zu einem Feedback zu ordnen. Das erste Resultat war: nett. Etwas wenig für einen Film, der so daher kommt. Das habe ich mir auch gedacht. Aber da das hohe Budget, die tollen Special Effects und überhaupt das ganzen 3D-Theater für mich nicht alles andere in den Schatten stellt, bemerke ich, dass sonst recht wenig übrig bleibt. Nett - ja, Oscar für den besten Film - bitte nicht!

Zwei Wochen später marschiere ich mit riesiger Vorfreude in das Kabinett des Dr. Parnassus. Heath Ledgers letzter Auftritt vor seinem Tod in einer von Terry Gilliam konstruierten Wunderwelt - das kann schon einiges! Aber naja...ok, ich fand ihn etwas mehr als nett. Aber verglichen mit Gilliams früheren intelligenten grotesk-herrlichen Trips Brazil (1985) und 12 Monkeys (1995) ist der neue Film eher mau. Im Kabinett des Dr. Parnassus hat einfach das gewisse Etwas gefehlt, das hat auch ein köstlicher Bösewicht namens Tom Waits nicht herauskitzeln können. Möglich, dass einem das erst auffällt, wenn man Gilliams frühere Filme gesehen hat. Auch allgemein betrachtet geht dieses Etwas heutzutage oft gerne verloren.

In seinem Standardwerk der Filmliteratur "Film verstehen" (How to read a film) läutet Monaco also mit der Jahrtausendwende das Ende der hohen Filmkunst ein. Mir ist das etwas zu drastisch und will's nicht wahrhaben, bin ich ja erst im 21. Jahrhundert zum exzessiven Filmkonsumenten geworden, und da war Kino für mich natürlich nicht unwesentlich. Das bedeutet aber nicht, dass ich Monacos Schlussfolgerung nicht nachvollziehen kann. Natürlich macht es mir auch etwas Angst für die Zukunft. Wenn die Zehner-Jahre noch stärker ihren Schwerpunkt auf Budget, anstatt auf Inhalt legen, wird es kritisch.

Hin oder her, das neue Jahrzehnt ist da. Und ich warte auch schon wieder mit großer Vorfreude auf verschiedene Filme, wie zum Beispiel auf Tim Burtons Alice im Wunderland oder Peter Jacksons In meinem Himmel. Wieder nur nett? Ich hoffe nicht! Die Kombination Story/Regisseur wirkt in beiden Fällen einmal mehr sehr reizbar.

Abschließen will ich doch optimistisch. Auch 2009 hat es sich nämlich ausgezahlt ins Kino zu gehen. Das schwedische Vampirdrama So finster die Nacht war ein wunderschöner blutig-romantischer Independentfilm, Inglourious Basterds ein weiteres Tarantino-Masterpiece, Michael Hanekes Das weiße Band allemal Palmen-würdig und District 9 überraschend innovativ wie bizarr. Und mit Antichrist hat es der Regie-Meister Lars von Trier geschafft, einen verstörenden Albtraum an die Leinwand zu projizieren, auch für hartgesottene Kinogänger.

Trailer:

Das Kabinett des Dr. Parnassus (OT: The Imaginarium Of Dr. Parnassus; R: Terry Gilliam)
Avatar (R: James Cameron)
Alice im Wunderland (OT: Alice In Wonderland; R: Tim Burton)
In meinem Himmel (OT: The Lovely Bones; R: Peter Jackson)

So finster die Nacht (OT: Låt den rätte komma in; R: Tomas Alfredson)
Inglourious Basterds (R: Quentin Tarantino)
Das weiße Band (R: Michael Haneke)
District 9 (R: Neill Blomkamp)
Antichrist (R: Lars von Trier)